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Was ist eigentlich ein ‘Kriechkeller’?

Wenn Ihnen der Begriff geläufig ist, wohnen Sie vermutlich in einem rund um 1900 gebauten Gebäude. Diese niedrige Variante eines Kellers kam in damaliger Zeit oftmals zum Einsatz, um erstens dort die Rohr- und Versorgungsleitungen zu verlegen, zweitens Baukosten zu sparen und drittens, um das Haus von unten zu dämmen. Doch ist das wirklich noch zeitgemäß? Wie wirkt sich diese Kellervariante auf die Wohnfläche aus? Was spricht für und was gegen einen Kriechkeller? Wir fassen alles Wissenswerte dazu zusammen.

Hintergrund

Der Versorgungstunnel, wie Handwerker:innen den Kriechkeller oftmals auch nennen, diente - wie der Name schon sagt - für die Verlegung der Versorgungsleitungen eines Hauses. Hintergedanke war eine schnelle Erreichbarkeit der Leitungen im Störfall. Außerdem verhindert der Versorgungstunnel bei einem Wasserleck die Beschädigung der Bausubstanz im Wohnbereich. Die große Einschränkung hierbei besteht darin, dass keine Stehhöhe gegeben ist und dadurch die Begehung nur kriechend auf allen Vieren möglich ist – nicht nur für den Eigentümer/die Eigentümerin eine Zumutung, sondern auch für die Handwerker:innen.

Doch nicht nur aus Gründen der Bequemlichkeit hat sich diese Kellervariante nicht dauerhaft durchgesetzt. Da das Kellergeschoss immer häufiger als potentielle Erweiterung der Wohnfläche genutzt wurde, wurden immer mehr Keller mit begehbarer Deckenhöhe gebaut. Somit wurde ein zusätzlicher Kriechkeller überflüssig.

Kriechkeller
BGF Überblick

Was sagen die Normen zur Wohnflächenberechnung dazu?

Da ein Kriechkeller keine Wohnraumqualität aufweist (weil ein längerer Aufenthalt von Personen bei so niedriger Deckenhöhe nicht möglich ist), sollte klar sein: Die Fläche birgt keinen sonderlichen Wohncharakter und zählt somit auch nicht zur Wohnfläche. Daher ist diese Kellervariante für die Wohnflächenverordnung (WoFlV) und die Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) nicht relevant, denn diese beiden rechnen nur die Flächen hinzu, die als Wohnfläche dienen.

Die DIN 277 ist die einzige Norm zur Wohnflächenberechnung, in der diese Kellervariante zumindest genannt wird. Laut dieser Norm wird die gesamte Fläche eines Objekts nach verschiedenen Kategorien klassifiziert (siehe Grafik).

Demnach werden auch Räume mit eingeschränkter Nutzbarkeit in die Summe aller der Grundflächen eines Objekts zur Bruttogrundfläche (BGF) hinzugezogen. Hierbei spielt in Keller- als auch in Dachgeschossen die lichte Höhe (also der Abstand zwischen Fußbodenoberkante bis zur Deckenunterkante) eine entscheidende Rolle. Denn nur solche Räume oder Raumteile mit einer lichten Höhe über 1,25 Meter, die begehbar sind und eine feste Decke aufweisen, werden als nutzbar angesehen und damit zur sogenannten Nutzungsfläche (NUF) gerechnet. Zur Konstruktionsgrundfläche (KGF) zählt die Kellervariante dann, wenn er laut Norm bis maximal 1 Quadratmeter lichtem Querschnitt aufweist (siehe Grafik).

Unser Tipp: Lesen Sie dem Beitrag "Nutzungsfläche", um weiteres zu dieser Norm zu erfahren.

Kriechkeller Querschnitt

Vor- und Nachteile

Vorteile

  • Separate Leitungsführung: Die Wasser-, Abwasser- und Stromleitungen wurden separat in dem Kriechkeller verlegt, da diese damals nicht in die Struktur der Fachwerkwand verbaut wurden. Außerdem sollten bei möglichen Schadensfällen nicht die Böden und Wände im Wohnbereich beeinträchtigt werden.
  • Schicht für Wärmedämmung im Altbau: Auch um 1900 war das Thema Wärmedämmung zumindest bekannt. Um die Gebäude von unten her zu dämmen, eignete sich diese Kellervariante hervorragend, zumal nicht jeder Altbau über eine gegossene Fundamentplatte verfügten.

Nachteile

  • Schwer zugänglich: In Zeiten des Arbeitsschutzes ist es nicht mehr zumutbar, dass Handwerker:innen in gebückter Körperhaltung die Wartung oder Reparatur der Versorgungsleitungen vornehmen.
  • Unentdeckte Schäden der Bausubstanz bei Wasserlecks: Bei einem Wasserschaden kann das Fundament substantiell beschädigt oder ganz weggespült werden, da sich das Wasser im Kriechkeller schnell aufstaut und länger unentdeckt bleiben kann.
  • Feuchtigkeitsschäden bei falscher/fehlender Belüftung: Da bei der damaligen Bauweise weder ein Augenmerk auf Abdichtung noch auf Belüftung gelegt wurde, kommt es oftmals zu Feuchtigkeit und Schimmel im Kriechkeller.
  • Idealer Ort für Ungeziefer und Nager: Die dunklen, feuchten Kellergeschosse sind generell ein sehr beliebter Lebensraum für vielerlei Kriechtiere wie Küchenschaben und Kakerlaken, aber auch Ratten. Umso mehr fühlen sich die unbeliebten Mitbewohner dort wohl, wenn die menschlichen Bewohner sich dort kaum blicken lassen.

Sanierungsmaßnahmen im Altbau

Es gibt ein paar Maßnahmen, die durchaus sinnvoll sind, wenn Ihr Haus über einen Kriechkeller verfügt. Zunächst sollten Sie sicherstellen, dass diese Kellervariante abgedichtet wird, was in der Praxis bedeutet, dass Risse und Löcher in den Wänden verspachtelt oder mit speziellen Baustoffen verfüllt werden.

Darüber hinaus sollten Sie, falls noch nicht geschehen, auch die Kellerdecke mit sogenannten Hohlraumdämmstoff dämmen. Dabei wird in die Hohlräume (im Altbau sind das die Zwischenräume zwischen den Deckenbalken) Dämmstoff mit Druck eingeblasen.

Um für ein trockenes Klima zu sorgen, gibt es bereits in jedem gut sortierten Baumarkt Entfeuchter. Diese werden einfach in den entsprechenden Raum gestellt und saugen die Feuchtigkeit aus der Luft.

Fazit

Aus heutiger Sicht ist diese Kellervariante sicherlich nicht sehr attraktiv und wenn überhaupt nur abgeändert zu sogenannten Revisionsschächten, die von der Außenseite eines Gebäudes her zu erreichen sind. Da aber in bestehenden (Alt-)Bauten ein besonders hohes Potential liegt, sind Sie nun bestens gewappnet, falls Ihre Immobilie über einen Kriechkeller verfügt.

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Autor

Nathalie Pfeiffer

Fachjournalistin und Bauingenieurin

Dieser Artikel hat die Nummer:

W015