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Was genau sind Baugenehmigungs- und Kenntnisgabeverfahren?

Wer bauen will, kommt nicht darum herum, eine Baugenehmigung zu beantragen. Das stimmt so nicht ganz. Es gibt Voraussetzungen unter denen auch ein sogenanntes Kenntnisgabeverfahren (auch unter Bauanzeige-, Freistellungsverfahren oder Genehmigungsfreistellung bekannt) in deutlich kürzerer Zeit für bestimmte Bauvorhaben möglich ist. Der folgende Beitrag erläutert, worin sich die beiden Verfahren im Detail unterscheiden, worin sie sich gleichen und was die jeweils praktischen Beispiele für beide sind.

Unterschied zwischen Baugenehmigung und Kenntnisgabe

Was die Begriffe eint, ist die Tatsache, dass es bei beiden grundsätzlich um nicht verfahrensfreie Bauvorhaben geht. Zu den verfahrensfreien Bauvorhaben zählen beispielsweise der Bau von Garagen, Carports und Gartenhäusern. Was das Verfahren einer Baugenehmigung vom Kenntnisgabeverfahren unterscheidet, sind zwei wesentliche Punkte:

  • der Ablauf und der Zeitrahmen der Verfahren
  • die Verantwortung bzw. Haftung der geplanten Bauvorhaben

Unser Tipp: In den Bauordnungen eines jeden Bundeslandes wird genau definiert, welche Bauvorhaben verfahrensfrei sind. Suchen Sie dazu am besten unter den Begriffen “Genehmigungsfreistellung“ oder “verfahrensfreie bzw. genehmigungsfreie Bauvorhaben” und unter der Angabe Ihres Bundeslandes im Internet oder fragen Sie direkt bei Ihrem Bauamt danach.

1. Ablauf und Zeitrahmen der Verfahren

1.1 Baugenehmigungsverfahren

Ablauf

Bei diesem Verfahren müssen Sie nach Planung des Bauvorhabens folgende Unterlagen einreichen:

Die amtlichen Formulare sind als bundesweit einheitliche Vordrucke in dem für Ihr Bauvorhaben zuständigem Bauamt als PDF oder in Papierform erhältlich. Alle anderen werden von Planern/Planerinnen erstellt und verantwortet. Wenn das Bauvorhaben den baurechtlichen Vorgaben entspricht und auch das Recht von Dritten nicht verletzt wird (wie beispielsweise der Abstand zum Nachbargrundstück o.ä.), dann wird die Baugenehmigung in der Regel bewilligt.

Zeitrahmen

Für Wohngebäude hat der Gesetzgeber einen Zeitraum von drei Monaten vorgeschrieben, die das Verfahren dauert, bis Ihnen eine Baugenehmigung vorliegt. Planen Sie daher rechtzeitig und geben den Bauantrag mit genügend Vorlaufzeit ab.

Gut zu wissen 1: Für detailliertere Informationen zum Thema Bauantrag empfehlen wir Ihnen den Beitrag 'Bauantrag'.

1.2 Kenntnisgabeverfahren

Ablauf

Auch für dieses Verfahren müssen, ähnlich dem Baugenehmigungsverfahren, entsprechende Unterlagen eingereicht werden. Zusätzlich werden noch folgender Vordruck und Bestätigungen benötigt:

  • Vordruck für Kenntnisgabeverfahren (amtliches Formular)
  • Bautechnische Bestätigung im Kenntnisgabeverfahren (ein/e Planverfasser:in und ein/e Vermessungsingenieur:in bestätigen die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften)
  • Bestätigung des Entwurfsverfassers /der Entwurfsverfasserin und des Lageplananfertigers /der Lageplananfertigerin
  • Bestätigung des Bauherrn/der Bauherrin über die Übernahme der Bauherrschaft und über die Bestellung eines geeigneten Bauleiters/Bauleiterin

Auch für das Kenntnisgabeverfahren sind bundesweit einheitliche Vordrucke eingeführt worden, die als PDF im Internet oder in Papierform beim zuständigen Bauamt erhältlich sind.

Zeitrahmen

Nachdem Sie als Bauherr:in das Bauamt informiert haben, erhalten Sie nach höchsten fünf Arbeitstagen eine schriftliche Bestätigung über den Erhalt der vollständigen Unterlagen. Innerhalb dieser Frist werden auch Angrenzer (zukünftigen Nachbarn) über das Bauvorhaben benachrichtigt und aufgefordert innerhalb von zwei Wochen mögliche Bedenken zu äußern oder eine schriftliche Zustimmung zu erteilen. Nach Ablauf von vier Wochen, ab Eingang der Bestätigung, können Sie mit dem Bauvorhaben beginnen.

Achtung: In diesem Verfahren sind Abweichungen, Ausnahmen sowie Befreiungen von geltendem Baurecht, wie beispielsweise die Befreiung von den Abstandsflächenvorschriften, nicht möglich.

2. Verantwortung der geplanten Bauvorhaben

Beim Verfahren, in dem Sie eine normale Baugenehmigung einholen, obliegt dem Planungs- und Baurechtsamt die Verantwortung für Prüfpflichten und Durchführung des Bauvorhabens. Dies liegt daran, dass das Bauamt die Unterlagen geprüft und bestenfalls abgenommen hat. Die Haftung für die Durchführung liegt grundsätzlich beim Bauherrn/bei der Bauherrin sowie der/dem von ihm/ihr bestellten Architekt:in oder Planer:in.

Beim Kenntnisgabeverfahren geht diese Verantwortung vom Planungs- und Baurechtsamt auf den Bauherrn/die Bauherrin, den Architekt /der Architektin und den Sachverständigen /der Sachverständigen über. Ebenso ist der Entwurfsverfasser dafür zuständig und haftbar, dass der Entwurf auch dem Baurecht entspricht und die Ausführung des Bauvorhabens nicht vom zur Kenntnis gegebenen Entwurf abweicht. Interessant hierbei ist jedoch, dass die Baubehörde im Kenntnisgabeverfahren weiterhin verpflichtet ist zu überwachen, ob alle baurechtlichen Vorschriften eingehalten wurden und bei Verletzung dieser auch entsprechende Maßnahmen einleitet.

Praktische Beispiele

Beispiele für Baugenehmigungsverfahren:

Das Verfahren ist immer dann erforderlich, wenn eine bauliche Anlage neu errichtet oder geändert oder die Nutzung der bestehenden baulichen Anlage geändert wird. Mit baulicher Anlage sind alle mit dem Erdboden verbundenen, aus Bauprodukten hergestellten Anlagen gemeint.

Als Beispiele gelten vor allen Dingen der Neubau von Wohnobjekten und insbesondere Sonderbauten, wie Hochhäuser, Versammlungsstätten, Bildungseinrichtungen, Industrie- oder Produktionsbauten, Verkaufsstätten ab 2000 Quadratmeter Bruttofläche, etc.

Bei einer Änderung der baulichen Anlage ist eine Baugenehmigung dann immer unerlässlich, wenn sich durch die neue Nutzungsart höhere bauordnungs-, bauplanungs- oder andere öffentlich- rechtliche Anforderungen ergeben, wie beispielsweise erhöhte Brandschutzauflagen, wenn ein Wohnraum zu einer Praxis umgenutzt wird.

Beispiele für Kenntnisgabeverfahren:

Die oben angesprochenen Sonderbauten können keinesfalls im Kenntnisgabeverfahren durchgeführt werden, sondern verlangen immer nach einer Baugenehmigung. Ansonsten sind bei einem Kenntnisgabeverfahren beispielsweise folgende Bauvorhaben möglich:

  • Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3,
  • sonstige Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2,
  • sonstige baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind, Nebengebäude und Nebenanlagen zu den vorstehend genannten Bauvorhaben

Eingeschränkt wird das Verfahren für die genannten Bauvorhaben auch dann, wenn diese öffentlich zugänglich, eine Nutzung von mehr als 100 Personen zu erwarten ist, oder das Gebäude eine Brutto-Grundfläche von mehr als 5000 Quadratmeter hat.

Sind Ihnen nun die Hintergründe zur Baugenehmigung und dem Kenntnisgabeverfahren klar? Sollten noch weitere Fragen offen sein, können Sie uns gerne kontaktieren. Als Spezialist für Grundrisse helfen wir Ihnen gerne rund um die Planung eines Grundrisses für Ihr Bauvorhabens.

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Autor

Nathalie Pfeiffer

Fachjournalistin und Bauingenieurin

Dieser Artikel hat die Nummer:

P015